Fachartikel | Lesezeit: 4 Min. | Stand 11.11.2021 

Wirtschaftlich Berechtigter nach GwG

Wirtschaftlich Berechtigte stehen im Fokus der KYC-Prüfung im Rahmen der Geldwäscheprävention. Erfahren Sie, wie der wirtschaftlich Berechtigte nach dem Geldwäschegesetz definiert wird und welche Besonderheiten es in der Praxis zu beachten gilt.

Inhalte im Überblick


Definition: Was ist ein wirtschaftlich Berechtigter?

Wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des GwG sind natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder natürliche Personen, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird, vgl. § 3 Absatz 1 GwG.

Nach § 3 Absatz 2 GwG zählen natürliche Personen, die unmittelbar oder mittelbar

  • mehr als 25 % der Kapitalanteile halten,
  • mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder
  • auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben

zu den wirtschaftlich Berechtigten eines Unternehmens.

Wann hat ein wirtschaftlich Berechtigter mittelbare Kontrolle?

Mittelbare Kontrolle liegt insbesondere vor, wenn entsprechende (d.h. über der 25 %-Schwelle liegende) Anteile von einer oder mehreren Vereinigungen gehalten werden, die von derselben natürlichen Person kontrolliert werden. Kontrolle über diese Vereinigungen ist insbesondere gegeben, wenn eine natürliche Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Vereinigung ausüben kann (siehe § 3 Abs. 2 GwG).

Das Geldwäschegesetz verweist hier auf die entsprechende Anwendung von § 290 Absatz 2 bis 4 Handelsgesetzbuch (HGB). Im Sinne einer analogen Anwendung besteht demnach beherrschender Einfluss einer natürlichen Person, wenn

 

  • ihr bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und sie gleichzeitig Gesellschafter ist (§ 290 Absatz 2 Nr. 2 HGB),
  • ihr das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen (§ 290 Absatz 2 Nr. 3 HGB) oder
  • sie bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft), vgl. § 290 Absatz 2 Nr. 4 HGB.
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Wirtschaftlich Berechtigte und Geldwäscheprävention

Die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten ist ein wichtiger Teil der KYC-Prüfung zur Prävention von Geldwäsche. Verpflichtete Unternehmen nach dem Geldwäschegesetz haben Vertragspartner, gegebenenfalls für diese auftretende Personen und wirtschaftlich Berechtigte vor Begründung der Geschäftsbeziehung oder vor Durchführung der Transaktion zu identifizieren (§§ 10 Absatz 1 Nr. 1 und 2, 11 Absatz 1 S. 1 Geldwäschegesetz (GwG)). Zu den allgemeinen Sorgfaltsplichten eines Verpflichteten zählen also die Identifizierung eines Vertragspartners und – damit einhergehend – die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten.

Info

Diese Unternehmen sind nach § 2 GwG zur KYC Prüfung u.a. zur KYC Prüfung verpflichtet:

  • Kreditinstitute
  • Finanzdienstleistungsinstitute
  • Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute
  • Finanzunternehmen
  • bestimmte Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler
  • Kapitalverwaltungsgesellschaften
  • Rechtsanwälte
  • Notare
  • Wirtschaftsprüfer
  • Steuerberater
  • Immobilienmakler
  • Güterhändler

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Wirtschaftlich Berechtigter einer GmbH

Die oben dargestellten Grundsätze gelten auch für den wirtschaftlich Berechtigten einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Halten mehrere Personen jeweils mehr als 25 %, hat die GmbH mehrere wirtschaftlich Berechtigte. Bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen und Konzernverflechtungen ist entscheidend, ob der Hintermann als natürliche Person auf der zweiten oder höheren Ebene eine tatsächliche Kontrolle über die zwischengeschaltete Gesellschaft ausüben kann. Beim Halten von > 50 % der Kapital-, oder Stimmrechtsanteile wird eine solche beherrschende Stellung angenommen.

Konnte nach umfassender Prüfung der wirtschaftlich Berechtigter nicht ermittelt werden, gilt der Geschäftsführer der GmbH als wirtschaftlich Berechtigter.

Wirtschaftlich Berechtigte von rechtsfähigen Stiftungen

Bei rechtsfähigen Stiftungen und Rechtsgestaltungen zählt nach § 3 Absatz 3 GwG zu den wirtschaftlich Berechtigten

  • jede natürliche Person, die als Treugeber (Settlor), Verwalter von Trusts (Trustee) oder Protektor handelt,
  • jede natürliche Person, die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist,
  • jede natürliche Person, die als Begünstigte bestimmt worden ist,
  • die Gruppe von natürlichen Personen, zu deren Gunsten das Vermögen verwaltet oder verteilt werden soll, sofern die natürliche Person, die Begünstigte des verwalteten Vermögens werden soll, noch nicht bestimmt ist, und
  • jede natürliche Person, die auf sonstige Weise beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder Ertragsverteilung ausübt und
  • jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf eine Vereinigung ausüben kann, die
    • Mitglied des Vorstands der Stiftung ist oder die als Begünstigte der Stiftung bestimmt worden ist, oder
    • als Treugeber (Settlor), Verwalter von Trusts (Trustee) oder Protektor handelt oder die als Begünstige der Rechtsgestaltung bestimmt worden ist.

    Wann ist die Eintragung der wirtschaftlich Berechtigten ins Transparenzregister erforderlich?

    Bis zum 01.08.2021 war die Eintragung ins Transparenzregister nicht erforderlich, wenn sich die wirtschaftlich Berechtigten elektronisch abrufbar aus den in § 22 Absatz 1 GwG aufgeführten Dokumenten aus Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister, Vereinsregister oder Unternehmensregister ergeben. In diesem Fall griff die sog. „Meldefiktion“ nach § 22 Abs. 2 GWG. Diese Mitteilungsfiktion ist mit dem am 01.08.2021 in Kraft getretenen Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG) entfallen. Seit dem müssen auch all jene Gesellschaften ihre wirtschaftlich Berechtigten gesondert an das Transparenzregister melden, die zuvor von einer Mitteilung absehen konnten.

    Info

    TraFinG: Folgende Übergangsfristen gelten

    Für Gesellschaften, die aufgrund des Wegfalls der Mitteilungsfiktion erstmals meldepflichtig werden, sieht das Gesetz rechtsformabhängig folgende Übergangsfristen vor (§ 59 VIII GwG nF):

    • für AG, SE und KGaA bis zum 31.3.2022
    • für GmbH, Partnerschaften, Genossenschaften und Europäische Genossenschaften bis zum 30.6.2022
    • in allen anderen Fällen bis zum 31.12.2022 (vor allem Stiftungen, eingetragene Personengesellschaften).

    Diese Fristen gelten jedoch nur für diejenigen Gesellschaften, die nach vorheriger Rechtslage nicht zur Mitteilung der wirtschaftlich Berechtigten verpflichtet waren. Für Gesellschaften oder Vereinigungen, die ab Inkrafttreten des TraFinG neu gegründet wurden, gibt es ebenfalls keine Übergansfristen sondern ebenfalls die unverzügliche Mitteilungspflicht der wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister.

    Fiktive wirtschaftlich Berechtigte

    Wann wird der fiktive wirtschaftlich Berechtigte ermittelt?

    Wenn nach Durchführung umfassender Prüfungen und ohne, dass "Verdacht auf Geldwäsche" bzw. Tatsachen nach § 43 Abs. 1 GWG vorliegen, keine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann, gilt gemäß § 3 Absatz 2 Satz 5 GwG als wirtschaftlich Berechtigter der

    • gesetzliche Vertreter und/oder,
    • geschäftsführende Gesellschafter und/oder
    • Partner des Vertragspartners.
    Info

    Praxisbeispiel

    Die Anzahl der Mitglieder in dem eingetragenen Verein „XY-Verein e.V.“ beträgt 25 gleichberechtigte Mitglieder. Der Vorstand besteht aus drei Vorstandsmitgliedern. Kein Vereinsmitglied ist „tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter“, weil eine Kontrolle von über 25 % der Stimmrechte nicht gegeben ist. Damit gelten die drei Vorstandsmitglieder als „fiktive wirtschaftlich Berechtigte“.

    Wann ist die Eintragung der fiktiven wirtschaftlich Berechtigten ins Transparenzregister erforderlich?

    Eine Eintragung ins Transparenzregister ist erforderlich, wenn sich die fiktiven wirtschaftlich Berechtigten nicht elektronisch abrufbar aus den in § 22 Absatz 1 aufgeführten Dokumenten aus Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister, Vereinsregister oder Unternehmensregister ergeben. In diesem Fall greift die Meldefiktion nicht.

    Wie viele fikitve wirtschaftlich Berechtigte sind zu erfassen?

    Für Verpflichtete gilt: Ist ein fiktiver wirtschaftlich Berechtigter zu bestimmen und kommen hier mehrere Personen in Frage, genügt laut Auslegungs- und Anwendungshinweisen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin AuA) in der Regel die Erfassung einer einzelnen Person, sofern es sich um einen Medium- bzw. Low-Risk-Kunden handelt. Bei High-Risk-Kunden sind alle in Frage kommenden Personen durch den Verpflichteten zu erfassen.

    Um den wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, muss der Verpflichtete laut BaFin AuA die Eigentums- und Kontrollstrukturen des Vertragspartners durch Feststellung der wesentlichen Beteiligungen mit angemessenen Mitteln in Erfahrung bringen (§ 10 Absatz 1 Nr. 2 letzter HS GwG) und durchdringen.

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    In unserer 3. Folge sprechen Thorsten Breitkopf und Marco Janusch sprechen über die wirtschaftliche Berechtigte und was sie mit Geldwäsche zu tun haben, warum es für den KYC-Prozess nicht ausreicht nur die wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln und was Smart-Home mit digitalen KYC-Prozessen gemeinsam hat. Viel Spaß beim Reinhören: