Interview | 11.06.2021 | Lesezeit 4 Min.
Verfasst von Salvatore Saporito & Frank Altenseuer

Die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung wird in den Fokus rücken

Bankfachwirt Frank Altenseuer, berät Kreditinstitute im Themenfeld Compliance/Geldwäscheprävention und Interne Kontrollsysteme, im Interview mit Validatis Managing Director Salvatore Saporito

Die Anforderungen für die Geldwäscheprävention im Bankenumfeld verändern sich aktuell im Rahmen der Umsetzung der 6. Geldwäscherichtlinie maßgebend. Damit verbunden und durch die derzeitige hohe Aufmerksamkeit der Medien, wächst die Sensibilität für das Thema deutlich. Durch diesen Trend gewinnt die Rolle des Geldwäschebeauftragten zunehmend an Bedeutung. Auch die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung rückt verstärkt in den Fokus der Finanzinstitute, der Bankenaufsicht und der zentralen Finanzermittlung.

Saporito: Die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Geldwäscheprävention im Bankenumfeld verändern sich momentan stetig und damit steigen weiterhin die Anforderungen an Sie als die Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz. Welchen spezifischen aktuellen Herausforderungen im Bereich der Geldwäscheprävention ergeben sich daraus für Sie und Ihre Kunden?

Altenseuer: Die aktuellen Anforderungen ergeben sich spezifisch im Zuge der Umsetzung des sogenannten „All Crimes-approaches“ im Rahmen der Umsetzung der 6. Geldwäscherichtlinie. Eine konsequente Umsetzung führt in der Praxis zu einem exponentiellen Anstieg von zu berücksichtigenden Fällen und somit von Verdachtsmeldungen. In der Praxis - und in Ansehung von zu erwartenden juristischen Abklärungen - besteht derzeit noch Unsicherheit hinsichtlich der konkreten Umsetzung.

Daneben gilt generell, dass der Implementierung und permanenten Weiterentwicklung von Systemen, die beispielsweise eine Kundenklassifizierung nach Risikoaspekten oder auch ein effizientes Transaktionsmonitoring vornehmen, eine Schlüsselrolle bei einer effektiven wie auch effizienten Geldwäscheprävention zukommen.

Saporito: Im Rahmen von Know-Your-Customer (KYC) Prozessen höre ich immer wieder, dass die „richtige“ Auswahl an validen Quellen eine elementare Entscheidung darstellt. Auf welche Quellen verlassen sich Ihre (Bank) Kunden und Sie im Kontext KYC, um diesen Prozess effizient zu erfüllen?

Altenseuer: In den letzten Jahren habe ich verschiedene Anbieter und Produkte kennengelernt. Zwei Einsichten hierzu: Zum Einen hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass es heute nicht möglich ist, lediglich mit „Google-Recherche“ valide Resultate zu erzielen, sondern ein kompetenter Partner hinzugezogen werden sollte. Zum Anderen spielt nach meiner Wahrnehmung bei der Wahl dieses Partners nicht der Preis die ausschlaggebende Rolle, sondern die Fähigkeit des Dienstleisters, sich als Service-Provider passgenau in die Bedürfnisse des Finanzdienstleisters hineinzuversetzen. Dies bedeutet: exakte, skalierbare technische Lösungen und ein erstklassiger Service machen den Unterschied.

Saporito: Welche Implikationen resultieren aus den aktuellen Skandalen im Finanz- respektive dem Bankenumfeld für Ihr Haus und haben sich die Prozesse im Bereich der Geldwäscheprävention dadurch verändert?

Altenseuer: Als freier Berater nehme ich eine deutlich gestiegene Sensibilität für das Thema „Geldwäscheprävention“ wahr. Auch durch die hohe Medientransparenz wurde die Einsicht befördert, dass es sich bei der Geldwäscheprävention nicht um ein „lästiges“ Thema handelt, welches „nur die Anderen betrifft“. Dies hat sich noch nicht unbedingt auf die Prozesse ausgewirkt, jedoch bereits wahrnehmbar auf das Rollenverständnis des Geldwäschebeauftragten – eine wichtige Konsequenz.

Saporito: Regulatorische Veränderungen führen immer wieder dazu, dass sich Banken auf neuere Erkenntnisse stützen und sich so Kundenportfolios ändern. Haben sich die Kundenportfolios Ihrer Kunden durch die regulatorischen Veränderungen und umgestaltete KYC-Prozesse verändert?

Altenseuer: Das Kundenportfolio hat sich - aus meiner Wahrnehmung heraus - insofern verändert, als dass heute größere Transparenz herrscht. Die Kunden werden besser „gekannt“, auch aus der Erkenntnis, dass dies nicht nur zu „sauberen“ Portfolios führt, sondern auch interessante Betreuungs- und Vertriebsansätze generiert. Kundenportfolios verändern sich meines Erachtens derzeit hin zu „besser ausgeleuchteten“ Portfolios, die sowohl hinsichtlich der Risikosteuerung aber auch hinsichtlich der Anwendung komplexer Vertriebssteuerung genutzt werden können.

Saporito:Wenn wir im Jahr 2022 über die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sprechen, über welche drei Fokusthemen werden wir uns dann unterhalten?

Altenseuer: Als ersten Trend erwarte ich, dass die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung verstärkt in den Fokus rücken wird. Dies betrifft sowohl das konkrete Handeln der Finanzinstitute, das nicht mehr so stark reaktiv stattfinden wird, als auch die Bankenaufsicht und die zentrale Finanzermittlung. Ich zitiere aus der Ersten Nationalen Risikoanalyse des Bundesministeriums der Finanzen: „Die Bundesregierung räumt dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus höchste Priorität ein.“ Ein Wachstumsfeld, auch für intelligent agierende Dienstleister.

Als zweiten Trend erwarte ich eine – von Vielen bereits als überfällig gesehene – bessere Verzahnung von Finanzdienstleistern und staatlichen Akteuren auf dem Feld der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Seit Jahren besteht für Verpflichtete einerseits das Erfordernis, mit immer größerem Aufwand zu recherchieren und zu dokumentieren – dabei entstehen beträchtliche Datensammlungen und eine erhebliche Anzahl von Verdachtsmeldungen. Andererseits wird zu beobachten sein, ob und in welchem Umfang diese Datensammlungen bzw. Verdachtsmeldungen zielführend ausgewertet und weiterverarbeitet werden. Eine zentrale Rolle kommt hierbei der FIU zu. Derzeit herrscht bei Finanzinstituten nach meiner Wahrnehmung sehr häufig der Eindruck vor, mit erheblichem Aufwand KYC zu betreiben und die Behörden zu „füttern“, jedoch hierdurch nicht im erforderlichen Maße auch Aktionen auszulösen. Diese Situation wird als nicht befriedigend bewertet. Ich erwarte und erhoffe im kommenden Jahr erforderliche Weichenstellungen durch die Politik, um eine effizientere und auch technisch zeitgemäße Arbeit etwa der FIU zu befördern.

Als dritten Trend für das kommende Jahr erwarte ich ein sehr viel konkreteres Auseinandersetzen mit den Themen „virtuelle Währungen“ und „Blockchain“. Diese werden ihren Status als „Schlagworte“ verlieren und mit zunehmender Bedeutung zum Gegenstand regulatorischer Betrachtung und Bewertung werden – Stichwort „Regulation on Markets in Crypto-assets“ („MiCA“). Es werden verstärkt Akteure in diesem expandierenden Segment auftreten, und ich verfolge mit großem Interesse, mit welchen Ansätzen hier konstruktive Regulierung implementiert werden wird.

Insgesamt erwarte ich für das Jahr 2022 ein erneut mit vielen Inhalten, aber auch wegweisenden Impulsen gut gefülltes Wirtschaftsjahr. Die Regulierung wird fortschreiten und weitere Investitionen erforderlich machen – hoffen wir, dass wir die Rendite dieser Investitionen spüren werden!

Vita:

Bankfachwirt Frank Altenseuer berät seit rund zehn Jahren Kreditinstitute im Themenfeld Compliance/Geldwäscheprävention und Interne Kontrollsysteme. Hierbei nimmt er auch die Position des Geldwäschebeauftragten oder Compliance Officer interimistisch wahr. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet in den letzten Jahren die Unterstützung von FinTechs, Start-ups und intensiv betreuten Instituten bei der Etablierung regulatorischer Strukturen und Prozesse.

Weitere Informationen auf https://altenseuer.berlin/